Im täglichen Miteinander ist es hilfreich, manches Mal inne zu halten, sich umzusehen und einander anzuerkennen. So bekommen wir Einblicke in die Erfahrungswelt unserer Mitmenschen und lernen durch das Austauschen von Ideen.
Wir freuen uns sehr über die Perspektiven zum Weltfrauentag 2022. Hier findest du das ganze Jahr über weitere Taboola Initiativen.
Das gilt nicht minder zum Internationalen Frauentag, der weltweit jedes Jahr am 8. März begangen wird. Die Ursprünge dieses Tages gehen auf die Emanzipation einer Bewegung von Arbeiterinnen zurück. Und auch heute ist die Arbeitswelt einer der zentralen Schauplätze im Leben von Frauen und all jenen, die sich selbst als weiblich lesen, an denen der langwierige und überfällige Wandel spürbar ist. Denn lange übt es sich, alte Strukturen aufzuweichen und Denkmuster zu aktualisieren. Strukturelle Ungerechtigkeit beginnt bei ungleichen Kriterien und ausbleibender Flexibilität, die wiederum Hürden und Ungerechtigkeit verursachen. Und selbst den eigenen Erwartungen, wir z.B. alle Erschwernisse im Alleingang meistern zu wollen, kann die verinnerlichte Ungleichbehandlung zu Grunde liegen.
#BreakTheBias lautet das Motto zum International Women’s Day (IWD) in den USA. Der Aufruf, richtet sich an uns alle, sinngemäß existierende Vorurteile zu durchbrechen. In diesem Sinne setzen wir uns bei Taboola für eine Welt ein, die auch in professioneller Hinsicht vielfältig, gleichberechtigt und inklusiv ist.
Eine unserer Bestrebungen ist es, im öffentlichen Austausch von Ideen zu stehen und fortlaufend die Perspektiven unserer viel geschätzten Partnerinnen und Kolleginnen abzubilden. Welche Erfahrungen haben sie auf ihrem Weg gemacht und welche Erkenntnisse können sie teilen, die Anregungen dazu geben, verinnerlichte Vorurteile aufzubrechen?
Dieses Jahr haben wir den Weltfrauentag zum Anlass genommen, drei Perspektiven erfolgreicher Führungspersonen abzubilden: Aus der Verlagsbranche geben uns Corina Lingscheidt, Geschäftsführerin bei MM New Media GmbH, und Milena Schmid, Marketing- und Vertriebsleiterin Digital bei MHS Digital GmbH, ganz persönlichen Einblicke in ihre Ideen- und Erfahrungswelt.
An der Schnittstelle zwischen Technologie- und Publisherbranche spricht unsere Kollegin Bea Böhret, Group Account Director, Central Europe and Emerging Markets, Taboola.
Wir freuen uns sehr, kurz innezuhalten und in die Antworten dieser drei inspirierenden Stimmen einzutauchen.
Corina Lingscheidt, Geschäftsführerin, MM New Media GmbH
Was war der beste Ratschlag, den Du in Deiner eigenen Karriere erhalten hast und der dir geholfen hat, eine Führungsposition im Verlagswesen zu erreichen?
Mir hat weniger ein bestimmter theoretischer Ratschlag als vielmehr ein konkretes Job-Angebot (verbunden mit großem Vertrauen) geholfen. Mein erster Chef hat mir den Einstieg in die Geschäftsführung in der Medienwelt ermöglicht, indem er mich mit Mitte 20 unvorbereitet ins kalte Wasser geworfen hat und mich die Elternzeitvertretung für den vorherigen Geschäftsführer hat machen lassen. In diesem Jahr haben wir beide gemerkt, dass das sehr gut funktioniert und mir großen Spaß macht – und aus einem Jahr wurden schnell 10 Jahre.
Die Ratschläge waren implizit, indem mir immer signalisiert wurde: Nicht „overthinken“, einfach machen. Du kannst alles in der Praxis lernen, trau dich.
Dabei hatte ich nie das Gefühl, dass wegen meines Alters oder Geschlechts an mir gezweifelt wurde. Es ging immer nur um Fakten, Zahlen und Ideen. Das hat mir Selbstbewusstsein gegeben und bedeutet mir bis heute sehr viel.
Welche Veränderungen sollten in der Gesellschaft bedacht und umgesetzt werden, um die Ungleichheit der Geschlechter in Führungspositionen zu verringern? Wie können Männer zu besseren Verbündeten und Verfechtern der Geschlechtergleichstellung im Verlagswesen werden, insbesondere solche in Führungspositionen?
Nur so kann meines Erachtens der Teufelskreis der selbsterfüllenden Prophezeiung durchbrochen werden. Wenn wir nämlich weiter davon ausgehen, dass (nur) Frauen irgendwann in ihrem beruflichen Leben für längere Zeit wegen Kindern, Pflege in der Familie o.ä. aussteigen, während Männer die Care-Arbeit zuhause auslagern, werden viele qualifizierte Frauen nicht mit gut bezahlten Positionen bedacht und werden in der Folge sicher weiter häufiger zuhause bleiben, wenn es sich aus gesamtfamiliärer Sicht eben anders nicht rechnet.
Ich würde mir auch als Arbeitgeberin wünschen, dass ich irgendwann eine Gleichverteilung bei den Eltern- und Teilzeitanträgen sehe. Wenn noch viel mehr Väter familiäre Auszeiten nehmen würden, wäre das Risiko und Stigma zwischen den Geschlechtern fairer verteilt. Dann gäbe es auch keinen Grund mehr auf der Arbeitgeberseite, sich im Zweifel doch lieber für einen „ausfallsichereren“ Mann in der Führungsposition zu entscheiden.
Da sind wir aber noch lange nicht, wenn laut Erwerbspersonenbefragung Januar 2022 des WSI-Instituts jede fünfte Mutter im Januar ihre Arbeitszeit reduziert hat, um Kinder zu betreuen. Bei den Vätern ist es jeder zwanzigste.
Was hättest Du in Deiner eigenen Laufbahn anders gemacht, um mehr Zufriedenheit bei der Arbeit zu erlangen und den eigenen Weg noch erfolgreicher zu gestalten? Kannst Du uns erzählen, welche Herausforderungen dir dabei begegnet sind und was Du aus ihnen gezogen hast?
Die größte Herausforderung für mich (wie auch für so viele andere Frauen und Männer) bisher war und ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wir haben zwei kleine Kinder im Alter von 3 und 4 Jahren, die in stressigen beruflichen Zeiten geboren sind. Ich habe mich bei beiden entschieden, keinen vorgeburtlichen Mutterschutz und keine Elternzeit zu nehmen. Bei beiden Kindern habe ich nur acht Wochen ausgesetzt, war auch im Wochenbett erreichbar und habe danach direkt wieder Vollzeit gearbeitet. Ich bin aber auch privilegiert mit einem tollen, ähnlich verdienenden Ehemann, der seine eigene Karriere hinten angestellt und über ein Jahr Elternzeit genommen hat. Seitdem haben wir Hilfe durch Au-pairs und wertschätzen die etwas knappere Zeit, die wir mit unseren Kindern haben, beide dafür sehr. Ich bin mir durchaus auch dessen bewusst, dass andere berufstätige Frauen nicht so viel Unterstützung haben und wahrscheinlich die Augen verdrehen, wenn ich von meinen Erfahrungen erzähle.
Mein gesellschaftliches Ideal ist dabei auch gar keine Welt, in der sich alle Frauen beruflich wie Männer verhalten. Ideal wäre es für mich schon, wenn Frauen und Männer endlich gleich bezahlt würden und so frei und ohne finanzielle Weichenstellung aushandeln könnten, wer wann wie lang unter welchen Umständen im Job zurücksteckt. Denn was ich traurig finde: Dass so viele clevere Frauen erklären, dass sie lange Elternzeiten nicht etwa nur deshalb allein nehmen, weil sie das wollen, sondern weil sie „müssen“, da der Partner deutlich mehr verdient.
Milena Schmid, Marketing- und Vertriebsleiterin Digital, MHS Digital GmbH
Wie siehst du als Frau in einer verantwortungsvollen Position bei einem Publisher die Fortschritte, die die Branche in den letzten zehn Jahren in Bezug auf bewusste oder unbewusste Vorurteile gegenüber Frauen gemacht hat? Wie siehst du die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren?
In den letzten 2 Jahren bemerkt frau eine deutliche Veränderung in der Wahrnehmung ihrer Rolle und Positionierung in der Medienlandschaft. Unterschiedlichste Ereignisse in der Gesellschaft und der Medienlandschaft führen dazu, dass das Thema Diversity mehr Gewicht erhält. Konsequenz davon muss aber auch sein, dass noch mehr Veränderungen tatsächlich stattfinden und nicht nur in schöne Worte verpackt werden.
Beispielsweise sehe ich immer noch ein Gender Pay Gap, deutlich mehr Männer in den Geschäftsführungsebenen. Aber auch im täglichen Doing miteinander fällt auf, dass Männern immer noch mehr zugetraut wird und ihnen häufiger die Erfolge zugesprochen werden.
Was war der beste Ratschlag, den du in deiner eigenen Karriere erhalten hast und der dir geholfen hat, eine Führungsposition im Verlagswesen zu erreichen?
Auch „Ecken und Kanten“ zu zeigen, die eigene Meinung zu vertreten, auch wenn diese nicht unbedingt populär ist bzw. auch nicht von „anderen“ mehrheitlich geteilt wird.
Als Frau eckt man damit zwar immer noch mehr an als Männer, wird aber auf die Zeit gesehen damit auch wahrgenommen und kann die eigenen Themen so ebenfalls besser positionieren.
Welche Veränderungen sollten in der Gesellschaft bedacht und umgesetzt werden, um die Ungleichheit der Geschlechter in Führungspositionen zu verringern? Wie können Männer zu besseren Verbündeten und Verfechtern der Geschlechtergleichstellung im Verlagswesen werden, insbesondere solche in Führungspositionen?
Das Wichtigste ist das Bewusstsein, dass die Rollen noch nicht gleichberechtigt sind und dass hier noch ein Weg vor uns liegt. Um ein Gleichgewicht an Geschlechtern in Führungspositionen herbei zu führen, müssen die Stellen ebenfalls für Frauen attraktiv gestaltet sein.
Im Hinblick auf die Unterstützung von Männern glaube ich, dass es wichtig ist, dass wir uns gemeinsame Ziele setzen und diese konsequent verfolgt werden. Ggf. kann es hilfreich sein hier konzernweite Ziele zu bestimmen, um eine nachhaltige Veränderung beizuführen.
Unabhängig von vorgegeben Zielen, kann es für Männer in Führungspositionen schon ein Anfang sein, eine SparringspartnerIN zu wählen.
Bea Böhret, Group Account Director, Central Europe and Emerging Markets, Taboola
Wie siehst du als Frau in einer verantwortungsvollen Position die Fortschritte, die in der Publisher- als auch Technologiebranche in den letzten zehn Jahren in Bezug auf bewusste oder unbewusste Vorurteile gegenüber Frauen gemacht wurden? Wie siehst du die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren?
Ich bin mir nicht sicher, ob es die Vorurteile gegenüber Frauen allgemein sind oder eher die Vorurteile gegenüber bestimmten Lebensumständen, in denen sie sich befinden – z.B. im Familienleben und/oder mit Kindern. Und damit jene Vorurteile, die behaupten, Frauen seien in diesen Lebensumständen weniger leistungsfähig oder flexibel.
Manches verändert sich bereits, Männer übernehmen heutzutage mehr Verantwortung in Familien. Damit wächst das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Zusammenwachsens privater und beruflicher Lebensbereiche und für mehr Flexibilität.
In meinen Teams habe ich daher keine Unterschiede gemacht und die Möglichkeit genutzt, mit vielen Eltern unterschiedliche Modelle umzusetzen. Dabei ist Teilzeit natürlich ein großes Thema, das in vielen Unternehmen immer offener angenommen wird. Ich hatte den Vorteil, dass ich in offenen, jungen und innovativen Unternehmen arbeiten durfte, in denen mir kaum Vorurteile begegneten. Ich habe viele Frauen gesehen, die einen guten Karriereweg eingeschlagenen haben und habe auch selbst viele Frauen in Führungspositionen befördert. In Gesprächen mit Mitarbeitenden aus anderen, eher etablierten Unternehmen bemerkte ich, dass die Mühlen dort langsamer mahlen und manche stark an alten, früher gängigen Modellen festhalten. Da ist dann sicher ein grundsätzlicher Reformbedarf, um auch die langjährig beschäftige Belegschaft auf neue Wege und in zeitgemäße Denkweisen mitzunehmen.
Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre denke ich daher, dass die Arbeitsmodelle sehr viel flexibler werden müssen und noch mehr daran gearbeitet werden muss, Privat- und Berufsleben in Einklang zu bringen. Ich wünsche mir weniger allgemeingültige Standards und damit mehr Lösungen für einzelne Kolleg:innen in ihren individuellen Positionen. Damit sich auch geschlechterbezogene Vorurteile überholen.
Es ist mir heute schon egal, ob Eltern aus meinem Team um ihrer Kinder willen Verpflichtungen nachgehen oder sich Kolleg:innen um ein privates Hobby zu bestimmten Terminen kümmern wollen.
In der Zukunft geht der Fokus weg davon, Frauen zu ihren individuellen Lebensumständen zu bewerten, hin zu dem Ideal, dass jede:r berücksichtigt wird und es keine Bevorzugung oder Benachteiligung gibt.
Was war der beste Ratschlag, den du in deiner eigenen Karriere erhalten hast und der dir geholfen hat, eine Führungsposition in der Technologie- und Publisherbranche zu erreichen?
Die hilfreichsten Erkenntnisse sind eher eigenen Erfahrungen entsprungen. Ich habe gelernt, mich nicht darauf auszuruhen, Notwendigkeiten anderen zu überlassen oder darauf zu hoffen, sie fielen mir einfach in den Schoß. Eher habe ich gelernt, auf die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen, diese weiter auszubauen und mit Leidenschaft an den eigenen Aufgaben zu arbeiten.
Wenn du dich für etwas engagierst, dich in Themenbereichen auskennst oder Ideen hast, dann zeige sie und bringe dich aktiv mit ein. Woher soll das Umfeld sonst wissen, dass hier jemand ist, der super relevant und wichtig für einen Bereich ist? Für mich kamen damit immer neue Möglichkeiten auf und neue Bereiche, in denen ich mich engagieren und entwickeln konnte.
Was hättest du in deiner eigenen Laufbahn anders gemacht, um mehr Zufriedenheit bei der Arbeit zu erlangen und den eigenen Weg noch erfolgreicher zu gestalten? Kannst du uns erzählen, welche Herausforderungen dir dabei begegnet sind und was du aus ihnen gezogen hast?
Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse: Man kann nicht auf allen Festen tanzen und nicht alle Baustellen zu 100 % bedienen. Besonders, wenn es Familie oder Menschen gibt, die einen wichtigen Teil des eigenen Lebens ausmachen, wird das unmöglich werden. Zu Beginn meiner Karriere bin ich alles mit großem Perfektionismus angegangen und mit dem Anspruch, alles nach bestimmten Ansprüchen erfüllen zu müssen – the perfect working mom with 100 arms, brains, legs and hearts. Das führte auf Dauer zu Frust, weil nichts zur eigenen Zufriedenheit gelingt und das unglaublich stresst. Heute versuche ich immer wieder neu zu priorisieren, auszusortieren und den Fokus auf ausgewählte Punkte zu legen. Es erfüllt mich dann, wenn ich viele Dinge zu meiner Zufriedenheit umsetzen konnte, andere aber auch mal mit weniger Prio nebenher laufen. Daraus ergeben sich keine Katastrophen und zu einem anderen Zeitpunkt kann sich der Fokus auch wieder verschieben.
So habe ich immer einzelne Themen, die ich als meine persönlichen Erfolge feiern kann und versuche, hierbei eine Balance zwischen privaten und beruflichen Bereichen zu halten. Auch wenn das natürlich nicht immer optimal ausgewogen ist und sich der Schwerpunkt mal auf der einen oder anderen Seite gewichtet.
Damit man mit der Einstellung auch im Job erfolgreich ist, geht es sehr viel um Transparenz und zu verdeutlichen, an welchen Themen man gerade warum arbeiten und diese im Fokus liegen. Man kann nicht zu allem „ja“ sagen und sollte alle Themen irgendwo in der persönlichen Roadmap einsortieren können. So fällt es auch leichter, den Kolleg:innen, Teams und Vorgesetzten die jeweils eigene Agenda darzustellen und es führt zu mehr Akzeptanz und Klarheit im täglichen Umgang.